Klassik  Sinfonische Musik
Mozarteumorchester Salzburg & Ivor Bolton Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 9 OC 717 CD
1 Stück sofort lieferbar. Lieferung bis Mittwoch, 14. Mai 2025 Preis: 12,99 EURO

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FormatAudio CD
BestellnummerOC 717
Barcode4260034867178
LabelOehmsClassics
Erschienen am05.08.2008
Verkaufsrang15448
Mitwirkende/rMusiker Komponist/en
  • Bruckner, Anton

Hersteller/EU Verantwortliche Person

Hersteller
  • UnternehmensnameNAXOS DEUTSCHLAND Musik & Video Vertriebs-GmbH
  • AdresseGruber Straße 46b, 85586 Poing, DE
  • e-Mailinfo@naxos.de

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      Beschreibung weniger

      ielen gilt Ivor Bolton als einer der besten Barock- Interpreten. Das Bild muss korrigiert werden, denn der Engländer ist zugleich ein aufregender Deuter der Sinfonien von Anton Bruckner. Dies belegt sein Bruckner-Zyklus mit dem Mozarteum Orchester Salzburg, der derzeit bei OehmsClassics entsteht. Schon mit der ersten Aufnahme, Bruckners 5. Sinfonie, landete Ivor Bolton einen Überraschungscoup: Die internationale Presse fand durchweg lobende Worte, nicht anders die 7. Sinfonie. Nun liegt Bruckners 9. Sinfonie vor, ein gewaltiges sinfonisches Fragment. Sein ganzes künstlerisches Leben lang hatte Bruckner mit der sinfonischen Form gerungen: Am Ende mag er gespürt haben, dass er mit seiner Neunten dabei war, alle Konventionen zu sprengen – das Finale blieb unvollendet. Bruckner verfügte, dass stattdessen auch sein Te Deum angefügt werden könne, denn die Sinfonie sei „dem lieben Gott gewidmet“. Ivor Bolton entschied sich für die dreisätzige Fragmentversion, in der kritischen Revision, die Benjamin Gunnar Cohrs unter Berücksichtigung von Vorarbeiten von Alfred Orel und Leopold Nowak vorgenommen hat.

      Der liebe Gott ist selber schuld

      Der Prophet gilt nichts – oder wenigstens wenig – im eigenen Land; zumal in Wien, sei es nun Mozart, Schubert, oder Bruckner, der lange Zeit als Dorftrottel, der „symphonische Riesenschlangen“ fabrizierte (Zitat Johannes Brahms), gehandelt wurde. Doch spätestens 1884/85, mit den überwältigenden Erfolgen der Siebten Symphonie bei der Uraufführung unter Arthur Nikisch in Leipzig und noch mehr unter Hermann Levi in München, konnte man dann doch auch als Wiener – bei aller kuriosen Geziertheit peinlichen Berührtseins – stolz auf den Österreicher Anton Bruckner sein. „Jetzt ist er eben doch einer von uns!“ Da kam der große Bruder Deutschland und reklamierte Bruckner als bodenständiges deutsches Blut für sich. Berühmt geworden ist das Bild eines einsamen deutschen „Helden und Führers“ österreichischer Abstammung – Adolf Hitler – vor einer Büste Anton Bruckners, des aus mythischer Allgewalt schöpfenden germanischen Urgenies. Also dekorierte sich der verhängnisvolle „klinische Fall von Nekrophilie“ (Erich Fromm) mit dem bodenständig himmelstrebenden Symbol kreativer religio.

      Zu Lebzeiten und noch lange Zeit danach spielte man fast alle Werke Bruckners in bearbeiteten, teilweise extrem verfälschten und verstümmelten Fassungen. Etwas unglücklich in den Zusammenhängen der Geschichte angesiedelt, fiel die Entdeckung und Herausgabe der überfällig benötigten Originalfassungen der Brucknerschen Werke ab 1933 in Wien durch Robert Haas, einen der verdienstvollsten Musikwissenschaftler des 20. Jahrhunderts, zusammen mit dem Aufstieg Adolf Hitlers und der Expansion des „Dritten Reichs“. Mit dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wurde der Sitz der Bruckner-Gesamtausgabe denn auch sogleich von Wien nach Leipzig verlegt. Dies ändert überhaupt nichts an der künstlerischen Notwendigkeit, die entstellenden Bearbeitungen und Kürzungen der Brucknerschen Symphonien aus dem Verkehr zu ziehen und durch die jeweilige Originalgestalt zu ersetzen, und hier liegt die immense Lebensleistung von Robert Haas.

      Am 2. April 1932 läutete Siegmund von Hausegger in München mit der erstmaligen Aufführung der Originalfassung von Bruckners Neunter Symphonie das neue Zeitalter authentischer Bruckner-Aufführungen ein – einen unumkehrbaren Prozess. Endlich konnten sich die Musiker, die Fachleute und das ganze Publikum ein realistisches Bild verschaffen von Bruckners wahrer Größe. Endlich wurde es möglich, die tatsächliche Dimension seines Schaffens im vollen Umfang zu erfahren. Seither hat eine bemerkenswerte Bruckner-Tradition begonnen, die in Deutschland mit Namen wie beispielsweise Hausegger, Wilhelm Furtwängler, Carl Schuricht, Joseph Keilberth, Eugen Jochum, Herbert von Karajan, Günter Wand, Rafael Kubelik und vor allem Sergiu Celibidache assoziiert ist. Natürlich gab es auch andere, wie etwa Hans Knappertsbusch, die am Alten festhielten und weiterhin die Bearbeitungen aufführten. Politisch nachvollziehbar, aber in der musikalischen Sache inakzeptabel ist der aus New Yorker Kreisen um den Dirigenten Leon Botstein unternommene Versuch, heute wieder die zu Bruckners Zeit gespielten, entstellenden Fassungen von Josef Schalk und seinesgleichen als gleichberechtigt neben den Originalfassungen zu vertreten.

      Die ersten Länder übrigens außer Deutschland, in welchen Bruckners Musik großen Erfolg hatte, waren die Niederlande und – nach und nach mit wachsender Resonanz – England. Später trat seine Musik ihren Siegeszug durch die Vereinigten Staaten von Amerika an, um auch die skandinavische und russische Welt zu erobern und schließlich zum Kultgegenstand japanischer Klassikbewunderung zu werden.

      Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die großen Namen der authentischen Bruckner-Bewegung Siegmund von Hausegger und Robert Haas vom untergegangenen „Dritten Reich“ wie von einem schwarzen Loch mitverschluckt. Nunmehr wieder in Wien, beschäftigte man für die von Neuem startende Bruckner-Gesamtausgabe einen neuen Herausgeber, Leopold Nowak, der nunmehr alles Redliche und Unredliche unternahm, um seine Existenzberechtigung neben dem Pionier Robert Haas hervorzukehren. Dadurch sind Ausgaben entstanden, die zu einem großen Teil in Zweifelsfällen die ungünstigere und untypischere Lösung vorzogen – einfach nur, um anders zu sein. Folglich hat man nach Nowaks Abdanken auf den Druck führender Autoritäten hin widerstrebend begonnen, eine dritte Auflage der Gesamtausgabe anzugehen, nunmehr – mehr als ein halbes Jahrhundert nach den epochemachenden Haas-Ausgaben – auf der Grundlage neuer Funde und vielfältiger Forschungsergebnisse. Diese dritte Auflage liegt nun auch vorliegender Neuaufnahme unter Ivor Bolton zugrunde.

      Nach heutiger Übersicht schrieb Bruckner nicht einfach nur neun Symphonien wie vor ihm Beethoven und nach ihm Dvorák, Mahler und Vaughan Williams. Er schrieb 19 Fassungen, und der führende Bruckner-Forscher und Musikpublizist Benjamin Gunnar Cohrs hat diese in einer Zeittafel aufgestellt und kommt auf 19 Versionen von elf Symphonien (die beiden frühen Symphonien in f-Moll und d-Moll erkannte Bruckner selbst nicht mehr an). Diese Tabelle bringt Licht in einen sehr verwundenen schöpferischen Prozess. So entstanden 1887–89 zwischen der 1. und der 2. Fassung der Achten Symphonie die 4. Fassung der Vierten Symphonie und die 3. Fassung der Dritten Symphonie, und 1890–91 als Einschub in die Komposition der Neunten Symphonie die 2. Fassung der Ersten Symphonie. Kein Wunder, wenn Bruckner mit der Neunten Symphonie nicht mehr zu einem Ende kam!

      Ein großer Mythos rankt sich um Bruckners Neunte Symphonie, seine letzte, unvollendete, die er „dem lieben Gott“ gewidmet hat. Peter Raabe zitiert in seiner sehr urteilssicheren Bruckner-Biographie von 1944 Bruckners Arzt Dr. Richard Heller:

      „Ich glaube, einige Äußerungen Bruckners dahin deuten zu müssen, dass er in seinen Ideen gewissermaßen mit dem lieben Gott einen Kontrakt abgeschlossen habe. Wenn der liebe Gott will, dass er die Symphonie, die ja ein Preislied Gottes werden sollte, fertigmache, so müsse er ihm ebensolange das Leben schenken; stürbe er früher, so hat sich das der liebe Gott selber zuzuschreiben, wenn er ein unvollendetes Werk bekommt.

      Die Religiosität war übrigens ein Hauptzug dieses großen Genies. Er betete fleißig, und wenn auch diese Gebete mitunter ganz merkwürdige Formen annahmen, so waren sie doch tief empfunden und gläubig vorgebracht. Da man ihn bei seinem Gebet, das er knieend vor seinem großen Kruzufix verrichtete, nicht stören durfte, so hatte ich mehrmals Gelegenheit, ruhig im Zimmer stehend sein Gebet zu hören. Er betete eine Anzahl ,Vaterunser‘ und ,Gegrüßet seist Du‘, und schloss aof mit einem ganz freien Gebet, wie: ,Lieber Gott, lass mich bald gesund werden, schau, ich brauche ja meine Gesundheit, damit ich die Neunte fertig machen kann‘, usw. Diesen letzten Passus brachte er in ziemlich ungeduldiger Weise vor und schloss mit einem dreimaligen Amen, wobei er sich einigemal beim dritten Amen mit beiden Händen auf die Schenkel schlug, so dass man sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, er denke sich: ,Wenn das jetzt der liebe Gott nicht erhört, dann ist das nicht meine Schuld!‘“ Ist die Neunte Symphonie wirklich unvollendet geblieben? Heutige Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie zumindest in einer ersten, rohen Orchesterpartitur vorlag und wahrscheinlich sogar noch erhalten ist – in Privatbesitz in Wien. Immer wieder sind verstreute Seiten aus dem Finale aufgetaucht.

      Die Ursache liegt darin, dass nach Bruckners Tod der Nachlassverwalter ein laxes Regiment führte und nicht darauf sah, dass die Materialien in einem ordentlichen und zusammenhängenden Zustand blieben. Mittlerweile gibt es einen Kreis von Musikwissenschaftlern, die Stück für Stück die Leerstellen zwischen den aufgetauchten Seiten des Finales aufgefüllt und Zug um Zug verbessert haben. Es wird ihnen nicht gelingen, der Symphonie ein wirklich adäquates Finale zu verpassen, aber als Versuch der Rekonstruktion ist das eine hochinteressante Stilübung, die viele Kenner und Musiker mit großem Interesse verfolgen.

      Christoph Schlüren


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      CD 1
      • Anton Bruckner (1824-1896)
        Symphony No. 9 in D minor
        • 1.Feierlich, misterioso25:23
        • 2.Scherzo. Bewegt, lebhaft – Trio. Schnell09:54
        • 3.Adagio. Langsam, feierlich22:05
      • Total:57:22