No. 2 KV 280 · No. 12 KV 332 · No. 14 KV 457
No. 16 KV 545 “Sonata Facile” · No. 19 KV 576 “Jagdsonate”
Michael Endres, piano
Michael Endres’ Gesamteinspielung der Klaviersonaten von W.A. Mozart wurde von der Presse einhellig mit großem Lob bedacht. Fein austariert – bis ins Detail durchdacht – ohne Effekthascherei – pianistisch brillant sind die Stichworte. Nun legt der Pianist aus dieser Produktion eine per-sönliche Auswahl vor, die er in einem eigenen Booklet-Begleittext erläutert. Eine ungewöhnliche, gleichzeitig aber in sich stimmige Zusammenstellung aus verschiedenen Schaffensperioden des Komponisten. Michael Endres studierte bei Klaus Schilde und Karl Hermann Mrongovius in München, anschließend bei Jacob Lateiner an der Juilliard School, New York und bei Peter Feuchtwanger in London. Neben den Schwerpunkten Mozart, Schubert, Schumann und Ravel verfügt Michael Endres über ein weitgefächertes Repertoire, darunter selten gespielte und vernachlässigte Komponisten wie Carl Maria von Weber, Leopold Godowsky, Sir Arnold Bax und Eduard Tubin. Eine Gesamteinspielung der Klaviersonaten von Arnold Bax ist für Mai 2006 in Vorbereitung.
My favourite Mozart
Die vorliegende Zusammenstellung ist eine persönliche Auswahl aus der Gesamtaufnahme
der 18 Sonaten für Klavier von W. A. Mozart, welche die ganze Bandbreite
dieser höchst individuellen Werke demonstriert.
Die Sonate F-Dur KV 280 entstand 1775 in München und ist ein frühes Meisterwerk des 18-jährigen, welches bereits eine erstaunliche
Ausdruckspalette aufweist.
Fast improvisatorisch und durchaus lyrisch und kantabel beginnt der 1. Satz, während sich das Seitenthema gegen jede Konvention viel maskuliner und virtuoser gebärdet.
Die Grundstimmung des 1. Satzes ist verspielt und laviert zwischen diesen beiden

Polen, so dass der abgründige 2. Satz (der einzige in Moll unter 18 Sonaten) den 1. Satz effektvoll kontrastiert. Übermütig und virtuos, fast ein bisschen „ungezogen“, beschließt der letzte Satz das Werk.
Mit der Sonate KV 332, entstanden 1783 in Wien oder Salzburg, hat Mozart bereits einen Höhepunkt seiner dramatischen Kunst erreicht:
Bei einem Maximum an Szenen- und Charakterwechsel – alle 4 Takte taucht ein neuer Einfall oder „Protagonist“ auf – ist der 1. Satz ein Feuerwerk an Vielfalt und Inspiration. Wiederum täuscht Mozart die Erwartungshaltung des Hörers, indem der zweite sehr gesangliche Satz mit einem Minimum an Form und Kontrast arbeitet: Beide Themen werden zwei Mal ohne Entwicklung
– lediglich ornamentiert – vorgestellt.
Nach diesem Ruhepunkt zieht der letzte Satz alle Bravura-Register, es ist ein kunterbunter Galopp von Passagenwerk und Serenadentum, und am Ende narrt Mozart ein letztes Mal den Hörer und beschließt
das Werk verhalten.
Dass Theaterdonner und stiller Gesang nur ein Element der Sonaten ist zeigt die dramatisch düstere Sonate c-Moll KV 457, entstanden 1784. Hier schlägt Mozart, wie schon in der a-Moll Sonate KV 310 und in den beiden Moll-Konzerten KV 466 und KV 491 düstere Töne an, es klingt so, als ob sich eine Wolke über den ganzen Horizont verbreitet hat.
Der fast Beethoven’schen Dramatik des 1. Satzes folgt der wohl kunstvollste langsame Satz aller 18 Sonaten. Endlos ausschwingend, von dramatisch virtuosen Figurationen durchbrochen
besitzt dieser Satz eine ungeheure Variierung des Ausdrucks. Der rastlose letzte Satz nutzt die extremen Lagen des Instruments
und enthält Schubert’sche Abbrüche.
Mit der „Sonata facile“, entstanden 1788, ist der späte Mozartstil erreicht, welcher zum Enigmatischsten und Großartigsten gehört, was die Musikgeschichte aufzubieten hat.
Mit äußerster Sparsamkeit reduziert Mozart jetzt alle effektvolle Äußerlichkeit und die Musik
erscheint nurmehr auf das Wesentlichste reduziert. Alles ist von höchster Einprägsamkeit
und auch die melodische Einfallskraft scheint neue Höhen erreicht zu haben.
Das finale Werk in D-Dur KV 576 kann schließlich als Summe aller 18 Sonaten betrachtet
werden:
Es vereinen sich hier souveräne polyphone
Schreibweise sowie ein konzertanter
brillanter Stil mit einer melancholischen Abgeklärtheit. Die überbordenden Einfälle der früheren Werke sind hier aufs Geistvollste
strukturiert, trotz aller formalen Meisterschaft jedoch behält auch dieses Werk seinen unverwechselbaren heiteren Mozart’schen Grundton.
Jede der 18 Sonaten ist eine individuelle und originelle Auseinandersetzung mit der Sonatenform. Die unorthodoxen Lösungen
(etwa in der Sonate A-dur KV 331, wo sich kein einziger Sonatensatz findet) in Verbindung mit der zeitlosen Frische ihrer melodischen Erfindungskraft lassen diese Werke zu einer der großen Klavierherausforderungen
der Literatur werden, quasi als Brückenpfeiler zwischen Bachs monumentalem
Klavierwerk und den 32 Sonaten von Ludwig van Beethoven.
Michael Endres